Denise Schindler aus Olching ist eine Ausnahmesportlerin. Die 36-Jährige rutschte im Alter von zwei Jahren unter eine Straßenbahn in Karl-Marx-Stadt (DDR), dem heutigen Chemnitz; ihr rechter Unterschenkel musste amputiert werden, diverse Nachbehandlungen und Operationen folgten.
Interview mit Denise Schindler: an der Weltspitze im Paracycling
Mr. Pinko/Mallorca

Olching – Denise Schindler aus Olching ist eine Ausnahmesportlerin. Die 36-Jährige rutschte im Alter von zwei Jahren unter eine Straßenbahn in Karl-Marx-Stadt (DDR), dem heutigen Chemnitz; ihr rechter Unterschenkel musste amputiert werden, diverse Nachbehandlungen und Operationen folgten. Doch sie ist und war schon immer eine bewundernswerte, zähe und mutige Kämpferin. Mit 18 Jahren entdeckte die Diplombetriebswirtin das Rennradfahren und strampelte sich in der Paracycling-Klasse C3 auf Bahn und Straße an die Weltspitze. Die Biografie der Topathletin ist berührend und beeindruckend. Mit Hilfe ihrer Eltern und Freunde, dank hervorragender Ärzte, Physiotherapeuten, ausgefeilter Medizintechniken und ihrem Team, und nicht zuletzt ihrem eisernen Willen, trotz schwerer Schicksalsschläge niemals aufzugeben, schaffte sie es, wieder auf „zwei“ Beinen zu stehen, gehen und fahren.

Der Kampfgeist von Denise wurde mit zahlreichen Medaillen und Auszeichnungen belohnt: zu ihren größten Erfolgen zählen unter anderem 3x Gold bei den Weltmeisterschaften 2011 im Straßenrennen in Roskilde (Dänemark), 2015 und 2018 auf der Bahn in der Einerverfolgung in Appeldorn und Rio de Janeiro (Niederlande und Brasilien) sowie bei den Sommer-Paralympics 2012 in London: Silber im Straßenrennen, 2016 in Rio: Silber im Einzelzeitfahren und Bronze im Straßenrennen sowie 2021 in Tokio: Bronze bei der Einerverfolgung. Im Januar 2018 stellte Denise im Velodrome von Manchester einen inoffiziellen Weltrekord in der 3.000-Meter-Einerverfolgung der C3-Klasse auf. Sie legte die Strecke in 4:01,359 Minuten zurück und blieb damit rund zwei Sekunden unter der bisherigen Bestmarke.

2011 wurde die dreifache Weltmeisterin als „Behindertensportlerin des Jahres!“ geehrt und erhielt das „Silberne Lorbeerblatt“, 2017 verlieh man ihr den Bayerischen Sportpreis „Jetzt-erst-recht“, und im Herbst 2021 berief man sie für vier Jahre, zusammen mit dem Iren Colin Lynch, in die Athletenkommission des Weltradsportverbands UCI (Union Cycliste Internationale) beim Paracycling.

Neben ihrem täglichen sportlichen Intensiv-Programm ist Denise als Motivations-Rednerin und Coaching in verschiedenen Firmen in Deutschland tätig und gibt ihr Erfolgsrezept weiter. Mit dem Münchner Software-Unternehmen „Mecuris“ arbeitet sie derzeit an einer digitalisierten Orthesen-Erstellung, die in Kürze auch automatisiert den Orthopädietechniker bei der Erstellung von Prothesen unterstützen soll. 2016 gab sie darüber hinaus auf der Hannover Messe keinen geringeren als dem früheren US-Präsidenten Barack Obama und Ex-Kanzlerin Angelika Merkel einen kurzen Einblick darüber. Zusammen mit dem Redakteur Manfred Otzelberger hat sie außerdem das Buch „Vom Glück, Pech zu haben – Meine 10 Grundsätze der Resilienz“ geschrieben, das im Mosaik Verlag erschienen ist.     red, Fotos: Mr. Pinko / Mallorca

AK: Was hat es mit Ihrem Spitznamen „Killerbiene“ auf sich?

Denise: Der stammt von einem Freund von mir. Wenn der Startschuss fällt, gebe ich sofort alles rein, denn ich will gewinnen und eine Medaille holen! Ich packe sozusagen meinen Stachel aus. Natürlich bin ich aber ansonsten eine Tier- und Naturliebhaberin und habe großen Respekt vor der Wichtigkeit und dem Fleiß der Bienen, die wir dringend schützen müssen.

AK: Was war Ihr bisher größter sportlicher Erfolg?

Denise: Schwer zu sagen nach so vielen Jahren Leistungssport. Der am härtesten erkämpfte Erfolg war 2018, als ich den Weltrekord auf der Bahn einfuhr mit knapp über vier Minuten auf drei Kilometern. Allerdings ist der inoffiziell, weil damals keine Doping-Kontrolle erfolgte. Am emotionalsten war die Bronzemedaille in Tokio vor einem Jahr.

AK: Ihr persönlicher Glücksbringer ist ein faustgroßer Stein. Warum?

Denise: Vor der Meisterschaft in Tokio bin ich im Trainingslager in Italien über diesen Stein bei etwa 35 Stundenkilometern gefahren und vorne über den Lenker gestürzt, mit Kiefer-, Schulter- und Handverletzungen. Ich dachte spontan: „dann wirst du eben jetzt zu meinem Glücksbringer“, denn er passt zu meinem Lebensmotto der Stolpersteine – wenn du hinfällst, stehst du wieder auf und machst das Beste daraus! Der Stein hat dann in Japan ja auch wirklich seinen Zweck erfüllt. Er liegt jetzt immer direkt neben meiner Bronze-Medaille von Tokio.

AK: Was sind Ihre Zukunftspläne und -wünsche?

Denise: Natürlich vor allem, dass ich gesundheitlich stabil bleibe und weiter trainieren und coachen kann. Den Sommer nutze ich jetzt erst einmal zur Rehabilitation bei der „Sportschule FFB-Puch“, denn ich muss mich gerade von einem weiteren Sturz, der vor kurzem passierte, erholen. Aber auch außerhalb des Sports habe ich noch viele private Wünsche und Träume.

AK: Warum ist die „Resilienz“ Hauptthema Ihres Buches?

Denise: Unter „Resilienz“ versteht man ja eigentlich die Widerstandskraft, mit Schicksalsschlägen gut umzugehen. Das kann man lernen! Mein Leben war ja nicht immer gerade einfach, aber ich wollte mit meinem Buch keine reine Autobiografie mit Medaillenspiegel veröffentlichen, sondern den Menschen aus eigener, oft schmerzlicher Erfahrung mit auf den Weg geben, wie man sein Leben auch in schwierigen Zeiten meistern kann. Meine zehn Grundsätze der „Resilienz“ sind: Akzeptanz, Geborgenheit, Selbstwirksamkeit, Selbstvertrauen, Leidenschaft, Optimismus, Ziele, Scheitern als Chance, Empathie und Liebe/Wertschätzung.

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