Olching – Die Corona-Pandemie, gestiegene Lohnkosten, die schwierige Ausbildungssituation sowie die Inflation mit ausufernden Energiekosten machen den Friseuren schwer zu schaffen. „Die Grenze des Zumutbaren ist überschritten“, sagt Bettina Zellhuber, die Obermeisterin der Brucker Friseurinnung bei der Herbstversammlung am Montag in der Olchinger Braumanufaktur. „Die Mehrkosten lassen sich aber nicht einfach auf die Dienstleistungspreise umsetzen“, fordert Zellhuber deshalb staatliche Unterstützung für die Betriebe.
Die Friseurbranche befindet sich in einer existenziellen Krise, aus der sie sich aus eigener Kraft nur befreien kann, wenn die Mehrwertsteuer für Friseurdienstleistungen von 19 Prozent auf sieben Prozent reduziert wird. „Gute Löhne und Gehälter sind nur möglich, wenn sich unsere Kunden auch noch einen Friseurbesuch leisten können“, sagt Zellhuber. Außerdem gebe es keinen fairen Wettbewerb mehr, weil seit der Pandemie die Schwarzarbeit unerträgliche Ausmaße angenommen habe. Die Petition „Friseure brauchen Zukunft“, mit mehr als 70.000 Unterschriften mache die Notwendigkeit und den Ernst der Lage deutlich. Deshalb stehe man auch im Kontakt mi der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler (CSU) und habe auch schon Unterstützung signalisiert bekommen.
Schon viel zu lange sinkt in ihren Augen die Attraktivität, einen Handwerksberuf auszuüben und junge Menschen verlieren eine Perspektive für ihr Berufsleben. Nur ein gesunder Betrieb könne eine sichere Zukunftsperspektive bieten und eine qualifizierte Ausbildung nur mit ausreichendem Personal sicherstellen. Aber diese Betriebsstruktur werde durch die hohe Steuer verhindert. „Wir zählen vielleicht nicht zur Grundversorgung, aber zum Grundbedürfnis des täglichen Lebens“, meint Zellhuber. Mit Stolz verkündete sie, dass es endlich gelungen ist, die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU) nicht mehr in München, sondern zukünftig in Bruck durchzuführen. Dabei kooperiert die Innung mit der benachbarten Friseurinnung aus dem Landkreis Dachau.
Nach wie vor findet man im Handwerk zu wenig Facharbeiter, berichtete Kreishandwerksmeister Franz Höfelsauer. Bis zum Jahr 2035 werde man rund 700.000 fremde Arbeitskräfte brauchen, um diese Lücke zu schließen. Fehlende Berufsinfo-Messen wegen der Pandemie machten die Nachwuchswerbung fürs Handwerk schwierig. Zudem spielen immer die Eltern eine riesige Rolle bei der Berufsauswahl. Deshalb sei es wichtig, rechtzeitig in die Schulen zu gehen und Werbung für das Handwerk zu machen. Es ist „ein Tag des Handwerks“ in den Schulen geplant, teilte Höfelsauer mit.
Viele junge Leute sehen gar nicht, welche Chancen das Handwerk bietet. Es komme bei den jungen Leuten einfach nicht an, dass heutzutage nach der Gesellenprüfung, Meisterprüfung auch ein Studium gar möglich ist. Zudem sei es schwer, den Eltern begreiflich zu machen, wie wichtig das Handwerk ist. Höfelsauer kündigte finanzielle Unterstützung der kleinen und mittelständischen Betriebe durch einen Sonderfonds der Staatsregierung an, die in Schwierigkeiten geraten. Man wisse allerdings noch nicht wie und wann das geschehen soll. Das Hygienekonzept gelte nach wie vor, erinnerte Zellhuber an die Bestimmungen. „Das müssen wir nach wie vor auf dem Schirm haben.“