Kriminalität im Landkreis hat abgenommen
Zur ersten Frage konnte sich der Jugendsacharbeiter der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck, Stephan Dodenhoff, äußern: „Die Höhe der Kriminalität bleibt in diesem Landkreis relativ konstant, tendenziell nimmt sogar eher ab. Nur 25 Prozent aller Täter kommen aus dem Jugendbereich. Dazu zählen allerdings auch die Ersttäter, die danach nicht mehr auffällig werden“. Auch Bernd Holthusen, welcher sich im Deutsches Jugendinstitut (DJI) mit Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention beschäftigt, stimmt dieser Einschätzung zu: „Tatsächlich ist es so, dass die Anzahl der Verurteilten und Tatverdächtigen rückläufig ist. Die Medien suggerieren oft nur ein falsches Bild der gegenwärtigen Situation“.
Gute Betreuung ist wichtiger als harte Strafen
Dabei sehen die Teilnehmer der Diskussion nicht die Härte der Strafen als ausgehenden Punkt für die Rückläufigkeit der Kriminalität, sondern die Art und Weise der Behandlung. „Der Jugendarrest ist wirklich das letzte Mittel. Vielmehr ist die richtige Erziehung, die Stärkung des Umfeldes und eine dauerhafte Betreuung wichtiger und effektiver“, so Werner Mesenzehl-Reinwald, Jugendhelfer im Strafverfahren in Fürstenfeldbruck. Da die Rückfallquote bei Inhaftieren erstaunlich hoch ausfällt (68 Prozent im Landkreis), wird der Arrest meist nur als „Schockmittel“ eingesetzt. Laut Peggy Winkler, die als Sozialdienstmitarbeiterin in der Jugendarrestanstalt München tätig ist, macht es bei der Einlieferung meistens „Klick“ bei den Jugendlichen: „Die sind erst mal sehr geschockt, wenn sie eingeliefert werden. Sie sind sich dadurch dem Ausmaß und den Folgen ihres Handelns erst bewusst.“ Das allein reiche aber nicht. Es müsse eine dauerhafte Betreuung der Straftäter stattfinden, da sie wieder rückfällig werden, sobald sie in ihr altes Umfeld zurück gelassen werden. Die Jugendrichterin Anna Kappenschneider schätzt die Jugendstrafe unter Umständen sogar härter ein als die Erwachsenenstrafe: „Bei Körperverletzungen beispielsweise gibt es für Erwachsene meist nur eine Geldstrafe, Jugendliche hingegen haben meist kein eigenes Einkommen und müssen daher mit Freizeitentzügen rechnen.“ Abschließend fügte Bernd Holthusen hinzu: „Die Strafen müssen nicht härter, sondern besser auf den Jugendlichen abgestimmt sein und Grenzen aufzeigen.“
Präventionsarbeit als wichtiges Fundament
„Um solche Maßnahmen wie Freizeitentzüge möglichst zu vermeiden ist es sehr wichtig, bereits vor der Strafmündigkeit den Kontakt mit den Kindern zu suchen“, betonte Mesenzehl-Reinwald. Die meisten Straftäter kämen aus problematischen Verhältnissen und daher sei es von großer Bedeutung, frühzeitig einen Draht zu den Kindern zu finden. Aus diesem Grund hält auch Stephan Dodenhoff vor Eltern und Kindern Vorträge, bei denen er auf die Gefahren einer falschen Laufbahn hinweist und aufzeigt, wie diese zu verhindern sind. „Außerdem setze ich mich mit den Straftätern in Gesprächen intensiv auseinander, um eine Vertrauensbasis herzustellen und durch eine dauerhafte Hilfestellung die Jugendlichen auf den richtigen Weg zu bringen“, erläuterte Dodenhoff.
Und das soll Strafe sein?
Eine etwas andere Strafe, die auch als Prävention von weiteren Straftaten fungiert, wurde im Mai 2012 in Fürstenfeldbruck ins Leben gerufen – und laut Werner Mesenzehl-Reinwald mit bisher großem Erfolg. Das Projekt „KonTEXT“ der Hochschule für angewandte Sozialwissenschaften in München sieht vor, die jugendlichen Straftäter durch das Lesen von sachbezogenen Büchern mit sich selbst zu beschäftigen und somit zur Selbsterkenntnis von persönlichen Problemen und zur Problembewältigung beizutragen.