Wer hätte das gedacht? Gilchings bekanntester Grünen-Gemeinderat Peter Unger trat bei den Kommunalwahlen 1978 als Kandidat der SPD an und schaffte damals auf Anhieb den Einzug ins kommunale Gremium. Nach knapp einem Jahr jedoch gab es Meinungsverschiedenheiten in Punkto Bodenpolitik. Unger verabschiedete sich von den Sozialdemokraten und engagierte sich stattdessen beim Aufbau der Grünen.
Peter Unger(rechts im Bild) bei einem kleinen Ratsch mit Leonhard Schlögl
Leni Lehmann

Gilching - Wer hätte das gedacht? Gilchings bekanntester Grünen-Gemeinderat Peter Unger trat bei den Kommunalwahlen 1978 als Kandidat der SPD an und schaffte damals auf Anhieb den Einzug ins kommunale Gremium. Nach knapp einem Jahr jedoch gab es Meinungsverschiedenheiten in Punkto Bodenpolitik. Unger verabschiedete sich von den Sozialdemokraten und engagierte sich stattdessen beim Aufbau der Grünen. Der 79Jährige geht somit als Bayerns erster Grünen-Gemeinderat in die Geschichte ein.

Geboren wurde Peter Unger im Dezember 1944 als Peter Wurm. Die Mama Klara war eine von 13 Geschwistern aus der Gärtnerei Wurm am Steinberg. Sie hatte sich noch während der Kriegszeiten in einen griechischen Zwangsarbeiter verliebt, der zwar der Vater von Peter Unger ist, jedoch nach Kriegsende verschwunden war. "Nein, ich habe weder ein Foto von ihm, noch haben wir später Kontakt zu ihm herstellen können. Für die Mama war dies eine schlimme Zeit und auch ich habe es zu spüren bekommen, dass ich das Kind eines Zwangsarbeiters bin." Die erste Klasse absolvierte Peter Wurm noch in Gilching. Als Siebenjähriger zog er dann mit der Mutter, die mittlerweile geheiratet hatte, zum Stiefvater nach Regensburg und hieß ab sofort Peter Unger. In Regensburg absolvierte er eine Gärtner-Lehre und zog danach zurück nach Gilching, um in der heimischen Gärtnerei Wurm anzufangen. 

Peter Unger war gerade einmal 19 Jahre alt, als er im Jahr 1964 mit seinem Motorrad, einer „frisierten Kreidler Florett", schwer verunglückte. "Ich sprang dem Tod gerade noch von der Schippe, lag aber für zwei Jahre im Krankenhaus." Geblieben ist ihm eine kaputte rechte Körperhälfte, so dass auch der rechter Arm nicht mehr genutzt werden kann. Der der Gärtnerberuf musste an den Nagel gehängt werden. "Ich schulte zum Industriekaufmann um, machte die IHK-Prüfung und fing beim DLR im Institut für Satelliten-Elektronik an.“ Schon kurz nach Eintritt wurde er in  den Betriebsrat und zum Vertrauensmann für Schwerbehinderte gewählt.

Politisch begann sich Peter Unger ab 1975 zu engagieren. Er wohnte seinerzeit in einer Wohnung des Zweckverbandes für sozialen Wohnungsbau am Gernholzweg in Gilching. "Da gab es ein Verbot, dass Kinder nicht auf den Rasen dürfen", erzählt Unger. Für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb er sich mit dem Zweckverband anlegte und versuchte, das Verbot ad absurdum zu führen. "Es war sehr schwierig, aber ich habe es dann doch geschafft. Damit war mein Einstieg in die Politik besiegelt."

Vorrangiges Ziel sei es nun gewesen, durch ein politisches Amt auch Einfluss auf wichtige Entscheidungen in der Gemeinde zu nehmen. Da sich die SPD zudem soziale Themen auf die Fahne geschrieben hatte, klopfte Unger dort an und wurde bei den Kommunalwahlen 1978 auch als Kandidat aufgestellt. Er schaffte es, als SPD-Gemeinderat ins Gilchinger Gremium einzuziehen. Die Ernüchterung folgte auf den Fuß. Als sich Unger vehement für eine soziale Bodenpolitik stark machte und einen entsprechenden Antrag stellte, bröckelte die Unterstützung seitens der Genossen.

"Ich hatte die Idee, dass Großgrundbesitzer, deren Land in Bauland umgewandelt wird, einen Teil der Grundstücke der Gemeinde kostenfrei oder zumindest günstig für sozialen Wohnungsbau überlassen.“ Die SPD zog nicht mit. Vielmehr habe damals das SPD-Mitglied Helmut Krumbholz einen bitterbösen Leserbrief gegen ihn an die Zeitungen geschickt, erinnert sich Unger. Als "utopisch" und "gesetzeswidrig" nannten die Genossen Ungers Bestrebungen. Unger trat 1979 aus der SPD aus und saß vorerst als Parteifreier, jedoch mit Blick auf eine neue Gruppierung, die sich "Sonstige politische Vereinigung" nannte, im Ratsgremium. "Ich hatte damals ein Flugblatt der Vorläufer der Grünen in die Hand bekommen und sah sofort, dass die wesentlichen Punkte, die da aufgeführt waren, für mich passten."

1979 wurde mit seiner Unterstützung der Bayerische Landesverband der Grünen aus der Taufe gehoben, 1980 reiste Unger als Delegierter nach Karlsruhe, um dort die Bundespartei der Grünen mit zu gründen. Bis zur Kommunalwahl 1984 saß er nun als Bayerns erster und einziger "Grüner" im Gemeinderat. "Ich hatte mir damals schon zum Ziel gesetzt, in jeder Sitzung einen Antrag zu stellen", räumt Unger ein. "Das hatte den Sinn, dass sich das Gremium mit den grünen Inhalten beschäftigen musste, weshalb sie auch oft heftig darüber debattierten und so unsere grünen Themen a die Öffentlichkeit brachten. Das war uns wichtig."

Plant Peter Unger die 50 Jahre im Gemeinderat noch voll zu machen, dann müsste er bei den Kommunalwahlen im Frühjahr 2026 noch einmal kandidieren. „Ob ich dazu bereit bin, das weiß ich wirklich noch nicht. Es kommt auch darauf an, wie es mir gesundheitlich geht. Man sollte zwar niemals nie sagen, aber Ja sagen kann ich heute auch noch nicht.“ LeLe

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