Gilching – Steht man kurz vor dem 65sten Lebensjahr, überlegt oft so manch Bürger, was bleibt, wenn ich mal nicht mehr bin? Diese Gedanken machte sich auch Thomas Sterr aus Gilching. Da er zudem Eigner eines rund 5000 Quadratmeter großen Grundstücks am Steinberg ist, wollte er dessen Verwendung nicht dem Zufall überlassen. Kurzerhand holte er den LBV mit ins Boot, legte mit deren Hilfe ein weitläufiges Biotop an und setzte den LBV als Erben ein.
Für Rätselraten sorgten seit 2024 die regen Aktionen auf einem rund 5000 Quadratmeter großen Areal am Leitenweg unterhalb des Steinbergs und in direkter Nachbarschaft zur historischen Rosenburg. Gedanken machte sich auch Roland Schrafstetter, ein weitschichtiger Verwandter Sterrs sowie ein langjähriger Stammtischbruder. „Ich sah zwar beim Gassigehen mit meiner Juno, dass am Leitenweg regelmäßig gegraben und etwas gepflanzt wurde, habe aber am Stammtisch vergessen, nachzufragen, was das werden soll. Als ich es jetzt erfahren habe, dass es ein Biotop wird, konnte ich dem Thomas zu seiner Idee nur gratulieren.“
„Seit wir hier angefangen haben, zu mähen und zu graben, sind viele der Spaziergänger stehen geblieben und haben sich auf ein Gespräch eingelassen“, räumt Sterr ein. „Und fanden es durchwegs gut, dass ein Biotop entsteht.“ Und was war der Anlass für dieses Projekt? „Naja, ich bin mittlerweile bald
65 und da sollte man auch schön langsam an sein Testament denken. Da meine Frau und ich keine Kinder, als keine Nachfahren haben, habe ich überlegt, dass ich aus meinem Grundstück am Steinberg, das ich bisher verpachtet hatte, ein Biotop machen könnte. Weil ich aber viel zu wenig Ahnung vom Anpflanzen von Bäumen und vom Ansäen von Blumen und Sträuchern habe, bat ich den LBV um Unterstützung. Ziel war, etwas Nachhaltiges zu schaffen, an dem auch noch die nachfolgenden Generationen eine Freude haben.“
Gesagt getan, nach monatelangen Vorplanungen und Erdarbeiten ist nun in Kooperation in Kooperation mit dem LBV ein in die Höhe des Hügels wachsendes Biotop entstanden. Unten beginnt es mit einem sechs Meter tiefen Streifen als Blühsaum, je zur Hälfte mit Blumensamen und Gräsern bestückt. Dem folgt eine 18 Meter tiefe Streuobstwiese, ein zwölf Meter tiefer Acker für das heimische Wild und als Abschluss ein sechs Meter tiefer Streifen mit 54 Stauden und Sträuchern, die als Unterschlupf für Vögel und sonstiges Getier dienen sollen. Auf der Streuobstwiese aber wurden 15 verschiedene Obstbäume, darunter Äpfel, Birnen, Kirschen und Quitten, ausschließlich alter Sorte, angepflanzt. Und sogar ein Walnussbaum hat ein Plätzchen gefunden.
Einen besonderen Dank spricht Steer nicht nur dem LBV, sondern auch dem benachbarten Landwirt Michi Dosch aus. „Er hat mit seiner Sämaschine sämtliche Sorten Blumen und Pflanzensamen entsprechend einem ausgeklügelten Verbreitungsplan ausgebracht“, betont Steer. „Das war echt eine Kunst und da findest heute nicht leicht einen, der das noch beherrscht.“ Nach getaner Arbeit bleibt momentan nichts anderes mehr, als auf ein Ergebnis zu warten, erklärt der Initiator. „In erster Linie aber hab‘ ich a richtige Freud‘ an dem Projekt. Ich hoffe auch, dass bereits im nächsten Frühjahr schon die eine oder andere Frucht geerntet werden kann. Es bleibt aber nach wie vor eine Überraschung, ob überhaupt und wenn, was dann als Erstes geerntet werden kann.“ Beruflich war der gebürtige Gilchinger – ich bin sogar noch bei unserer Hebamme an der Römerstraße auf die Welt gekommen – viele Jahre lang bei Dornier als Flugzeugbauer beschäftigt. Nach Auflösung der einstigen Flugzeugfirma folgten 13 Jahre lang gärtnerische Arbeiten bei der Gemeinde Gilching und anschließend noch fünf Jahre lang Hausmeister-Tätigkeiten. Heute engagiert er sich als Rentner ehrenamtlich im Tierheim Starnberg unter anderem als Gassigeher.
Ach ja, und was war das mit dem Testament? Steer: „Nachdem das Biotop gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz eingerichtet wurde und der LBV auch die Pflege für künftige Zeiten übernommen hat, ist der LBV auch als Erblasser im Testament eingesetzt. Da weiß ich das Biotop auch die nächsten Jahrzehnte in guten Händen.“