Gilching – Die Erschöpfung ist Johanna Brosig aus Gilching anzusehen. Hinter der 44Jährigen liegt eine Reise an die polnisch-ukrainische Grenze, um Tierfreunden im Kriegsgebiet zu helfen. Zurück in Gilching kommen ihr die Erlebnisse „irgendwie unwirklich“ vor. „Wenn ich zur Ruhe gekommen bin, gibt es vielleicht ein Buch darüber“, überlegt sie.
Zurück zum Start der Reise. Nach einem Spenden-Aufruf stapeln sich unzählige Transport-Boxen, Hunde- und Katzenbetten, kiloweise Nass- und Trocken-Futter, Decken, Schachteln mit Halsbändern, Leinen und Spielzeug rund um das Haus der Brosigs. „Ich bin überwältigt“, freut sich die gebürtige Polin. In ihrer Heimat studierte sie Zoo-Technik (Biologie und Tierzucht) und machte auch den Abschluss zur Tierpflege-Meisterin. Seit zwanzig Jahren lebt Joanna Brosig in Deutschland, ist verheiratet und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Ziel ihres Engagements ist es, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die ihre Tiere nicht im Stich lassen wollten, mit Futter und Transportmitteln zu unterstützen. Aber auch Tierheime, die trotz Bombardierung versuchen, ihren Schützlingen zur Seite zu stehen. Kurz vor Ostern startete sie ein zweites Mal.
„Es wird immer schwieriger, einen Transporter für die zahlreichen Spenden sowie Menschen zu finden, die die beschwerliche Reise mitmachen. Ein Auto fand ich nicht, deshalb musste ich mir einen Transporter mieten. Begleitet haben mich dann zwei Freundinnen.“ Vollbeladen gestartet wurde in Gilching am Donnerstag, drei Uhr nachmittags. „Wir sind 13 Stunden mit nur kleinen Pausen durchgefahren.
Angekommen sind wir in Przemysl nahe der Grenze Polen/Ukraine Freitagnacht um zwei Uhr.“ Die nächsten Stunden würden einem Horrorroman zur Ehre gereichen, erzählt Brosig. „Einzig positiv war, dass wir in der ersten Nacht noch eine Bleibe fanden, in der wir freundlich aufgenommen und gut verköstigt wurden.
Aber dann begann der Horror.“ Um nicht leer zurückzufahren, nimmt Brosig jeweils in der Ukraine herrenlose Hunde und Katzen mit. „Das wird vorher mit den jeweiligen Partnern in der Ukraine und in Deutschland abgesprochen. Auf der Agenda standen fünf Hunde und zehn Katzen. Das wäre alles kein Problem gewesen, hätten die polnischen Behörden nicht plötzlich neue Einreisebestimmungen für Tiere ausgegeben. Die fünf Katzen, für die ich neue Pflegeplätze in Deutschland gesucht hätte und die alle ärztlich untersucht waren und eine Einreisegenehmigung hatten, durften plötzlich nicht mehr einreisen. Wir hatten neun Stunden umsonst gewartet. Die Hunde und die weiteren fünf Katzen wiederum waren an anderen Orten abzuholen.“
Während des unvorhergesehenen Chaos bekam Brosig einen Anruf der ukrainischen Tierschützer, dass sie Kenntnis von einer Frau hatten, die weitere fünf Katzen gerettet und diese bereits über die Grenze gebracht hatte. Der Kontakt aber ging verloren, da anscheinend deren Handy nicht mehr funktionierte.“ Für Brosig und ihre Begleiterinnen begann nun eine nächtliche Odyssee entlang der Grenzgebiete und dies bei strömenden Regen. „Es war Horror pur und wir hatten oft richtig Angst. Doch das Schicksal war uns hold. Am Straßenrand, irgendwo in der Prärie, fanden wir ein abgestelltes Auto mit blinkenden Schlusslichtern. Es war die Tierretterin mit ihren Katzen. Sie heulte nur noch und übergab uns dann heilfroh ihre Schützlinge, um wieder zurück in die Ukraine zu fahren.“
Zurück in Gilching wurden die fünf Hunde und fünf Katzen ihren neuen Pflegestellen übergeben. Nun sucht Brosig für weitere fünf Kätzchen neue Besitzer. Gesucht werden außerdem weitere Futter- und Sachspenden, da es in vier Wochen wieder Richtung Ukraine geht. Abgegeben werden können die Spenden am Brucker-Steig-Weg 2 in Gilching. Wer Brosig außerdem finanziell unterstützen möchte, unter anderem für das Anmieten eines Busses, kann dies über PayPal unter Brosigs Email-Adresse joanna@brosig.de tun. LeLe