
Germering/Gilching - Auch 2020 ist die Benefizfahrt von einigen Hobbyrennradfahrern an den Gardasee seit langem geplant gewesen. Um ein Haar hätte ein behüllter RNA-Strang namens Corona das Projekt dieses Jahr vereitelt. Aber gerade rechtzeitig wurden die Grenzen von Italien nach Österreich am 16. Juni wieder geöffnet und so konnte die Radltour stattfinden. Gesponsort vom Lions Club Germering fahren sechs Radler aus Germering und Umgebung zum sechsten Mal für eine Spende an die Namaste-Stiftung in Gilching non-stop an den Gardasee. Weitere Unterstützer sind die SSS International Clinical Research GmbH und die MINcom GmbH. Insgesamt kommen so ca. 3.000 Euro für Hilfsprojekte in Nepal zusammen. Das arme Land ist von der Corona-Pandemie stark betroffen und so ist Hilfe notwendiger denn je.
„Eigentlich wäre wir dieses Jahr sogar neun Radler gewesen“, berichtet Michael Sigmund, „aber aufgrund der sehr schlechten Wettervorhersage für den geplanten Starttermin haben wir beschlossen die Fahrt einen Tag zu verlegen. Diese Terminverschiebung war aber leider für drei der Mitfahrer nicht möglich“. Sechs Rennräder rollen daher am Samstag um drei Uhr morgens aus der Stadt Richtung Süden. Im dünnen nächtlichen Verkehr sind tatsächlich auch schon wieder einige Fahrzeuge mit Surfbrettern auf dem Dach anzutreffen – offensichtlich auch Richtung Italien.
Der Grenzübergang nach Österreich zum Achensee ist unbesetzt und offen – wie in Vor-Corona-Zeiten. Einige Schauer sind in den Morgenstunden noch unterwegs und so freuen wir uns über eine heimelige Bäckerei am Achensee, um uns bei Capuccino und Hörnchen etwas aufzuwärmen. Pflichtbewusst setzen wir unsere Masken auf bevor wir das Geschäft betreten – allerdings hat sonst kein Gast etwas vor dem Gesicht. Klar: In Österreich gibt es ja seit ein paar Tagen keine Maskenpflicht mehr. Ungewohnt – man fühlt sich inzwischen fast schon ein bisschen gefährdet, wenn man unter fremden Menschen wieder ohne Maske unterwegs ist.
Mit das schönste am Rennradfahren sind schnelle Abfahrten. Die in das Inntal hinunter wird diesmal leider durch die nasse Fahrbahn gebremst, die zu vorsichtiger Geschwindigkeit nötigt. Die alte Römerstraße führt als die schönere, ruhigere Route an der Westseite des Wipptals entlang bis Matrei, auch wenn der Genuss mit mehr Höhenmetern verbunden ist. Eine Baustelle sorgt zusätzlich für Verkehrsberuhigung und so verirren sich heute auch keine Motorradfahrer auf die kleine Straße. In Matrei befindet sich mit einem kleinen Cafe und einem Brunnen vor der Tür die perfekte Raststelle für Radler – und tatsächlich fragt die nette Bedienung, ob wir nicht schon öfter vorbeigekommen wären. Ein uniformierte Truppe Radler bleibt offensichtlich im Gedächtnis trotz der nur jährlichen Wiederholung.
Am Brennerpass „betreten“ wir dann das Hochrisikogebiet Italien. Der Grenzübertritt gestaltet sich auch hier ohne Kontrollen. Alles fühlt sich nicht anders an als in den Vorjahren, bis auf die verhüllten Gesichter, die davon berichten, dass die Menschen immer noch sehr vorsichtig sein müssen. An vielen Stellen herrscht aber auch schon wieder Normalität und in einem Freibad bei Trento tummeln sich die Gäste ohne ersichtliche Abstandsregeln und Schutzmasken.
Durch die herrschende, ungewöhnliche Nordföhnlage schiebt uns ein Rückenwind durchs Etschtal bis nach Rovereto und macht die langen, geraden Radwege, die in anderen Jahren schweißtreibend und anstrengend sind, zum Vergnügen. Noch eine kurze motivierende Rast bevor der letzte kleine Anstieg zum Passo San Giovanni beginnt – dann der immer wieder atemberaubende Blick von Nago auf den abendlichen Gardasee. Gerüchteweise hieß es im Vorfeld, der Gardasee wäre Corona bedingt derzeit nur wenig besucht. Das hat sich offensichtlich schnell geändert – Torbole ist schon wieder voller Touristen, die sich nach Normalität und südlichem Flair sehnen – so wie wir.
MS