Fürstenfeldbruck – Seit vier Jahren befasst sich die „Brucker Antibiotika Resistenz Initiative“ BARI intensiv mit dem Thema Antibiotika und den zunehmenden Resistenzen auf diese Medikamentengruppe. Vor allem die Antibiotika (Arzneimittel zur Bekämpfung von bakteriellen Infekten) sind es, die den Medizinern noch aus anderen Gründen Anlass zur Sorge bereiten. Von Lieferengpässen berichtete in einem Pressegespräch die Pharmazeutin Claudia von Sachs, Leiterin der Gröbenzeller Johannes-Apotheke, die 28 Kliniken, darunter die Kreisklinik Fürstenfeldbruck, mit Medikamenten versorgt. Mittlerweile ist die Liste der momentan nicht lieferbaren Arzneimittel für das Brucker Krankenhaus ganze fünf DIN A4 Seiten lang.
Geschuldet sei dies u.a. der Tatsache, dass viele Medikamente außerhalb von Deutschland und Europa von nur wenigen Herstellern produziert werden. Bei bestimmten Wirkstoffen gebe es zudem nur noch einzelne Anbieter. Von Sachs gab zu bedenken: „Vieles federn wir ab, und totale Lieferabrisse sind eine Seltenheit, aber das wirkt sich auch alles auf den Preis aus.“ Dr. Hermann Schubert, Initiator von BARI sowie Leitender Oberarzt der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin und Hygiene- und Pandemiebeauftragter des Klinikums, forderte, man müsse, ähnlich wie beim Trinkwasser, hier in den Markt eingreifen. „Diese Basisversorgung dürfen wir nicht aus der Hand geben!“, konstatierte der Mediziner.
Der niedergelassene Facharzt für Allgemeinmedizin, Dr. Emanuel Nies aus Mammendorf, erläuterte die aktuellen Probleme bei der Medikamentenverschreibung, gerade im Bereich der Antibiotika. Wegen der Versorgungsengpässe müssten Ärzte und Patienten oft bei mehreren Apotheken nachfragen, die verschiedene Lieferanten haben. Häufig müsse man auf ein nicht gezieltes Antibiotikum zurückgreifen, das dann unnötigerweise ein breiteres Wirkspektrum habe und somit eher die Entwicklung von Resistenzen begünstige. Als BARI-Mitglied betonte Nies, dass nur ein geringer Anteil der Infekte von Bakterien verursacht wird und dass Antibiotika bei Viren nicht greifen. Es sei auch viel zeitlich aufwendige Aufklärungsarbeit bei den Patienten nötig, denn viele von ihnen würden schon bei harmlosen, nicht bakteriellen Infekten von selbst nach einem Antibiotikum verlangen, um schneller wieder fit zu werden.
Derzeit mangele es an Fiebersäften für Kinder und Amoxicillin- und Penicillinpräparaten gegen Mittelohrentzündungen oder Streptokokkeninfekte, aber auch bestimmte Insulinmedikamente und Betablocker für Patienten mit Herzinsuffizienz seien knapp. Bei vielen Frauen habe die Mangelware Tamoxifen, einem Arzneimittel zur Brustkrebsbekämpfung, regelrecht zur Verzweiflung geführt. Und gerade für ältere Menschen, die eine Tablette vierteln müssen, weil es ein Medikament nicht mehr in einer geringeren Dosis auf dem Markt gibt, sei die Situation problematisch.
Alternative Präparate einsetzen zu müssen sei nicht optimal, ergänzte Dr. Schubert: „…sie können eine schlechtere Wirksamkeit haben und für Nebenwirkungen sorgen. Wir wollen aber, dass die Patienten die bestmöglichen Medikamente bekommen.“
Um hier Abhilfe zu schaffen, und auch, um Ärzte und Patienten besser über den Gebrauch von Antibiotika aufzuklären, hat sich BARI zusammengefunden (www.bari-ffb.de). Dieser besonderen Initiative hat sich schon eine Reihe von Medizinern und Pharmazeuten angeschlossen. Nach Corona-Pause werden die produktiven Zusammenkünfte nun reaktiviert. Die über 20 Mitglieder von BARI haben eine Leitlinie für Ärzte zur Antibiotika-Therapie in der hausärztlichen Praxis erstellt und sogar eigens einen Antibiotika-Pass, ähnlich einem Impfpass, entwickelt. Ein Wunschprojekt der nächsten Monate ist das Thema „Penicillin Allergie“ sowie eine regionale Veranstaltung für Laien unter dem Motto: „Falsche Mythen der Antibiotikatherapie“. red